Tiere

Eines der Vorurteile über die Welt und die Menschen, zu denen ich neige, ist, dass sich die Welt in zwei Sorten Menschen teilen lässt: die Sorte, die ein Zusammenleben mit Heim-, Haus- und Hoftieren angenehm findet oder zumindest natürlich oder sogar notwendig für ein vollständiges Leben, und die, die genau das entweder nicht braucht oder nicht versteht. Manchmal ist es noch nicht einmal möglich, ein gegenseitiges Verständnis für die Position des jeweils anderen zu erreichen. Denn natürlich hat in gewissem Sinne der Anti-Tier-Mensch Recht, wenn er fragt, wozu der Hamster in der Wohnung gut und ob es überhaupt zum Wohle des Hamsters sei. Da kommt der Tierbesitzer in Erklärungsnot und kann kaum verständlich machen, warum er das Tier braucht und wie er weiß, dass es ihm gut geht. Denn da ist eine Kluft des Gefühls.

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Vor langer Zeit besuchte ich ein philosophisches Seminar zum Thema, in welchem Maße und wie es denn möglich sei, Tieren Geist, Bewusstsein oder planende Vernunft zuzuschreiben, und auch, wie und ob es überhaupt möglich sei, mit Tieren zu kommunizieren und sich zu verständigen. Ist es eine Illusion, wenn man glaubt zu verstehen, was die Katze will? Ist es eine Illusion, sich vom Tier verstanden zu fühlen? Alles ist fraglich, wenn man nur auf die richtige Weise fragt. Und wie bei allen philosophischen Problemen wird mit einem Mal etwas in Frage gestellt, was für jeden Tierbesitzer mit einem Funken Sensibilität vollkommen klar ist: nämlich das Level der Intelligenz von und der Kommunikation mit dem Tier.

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Der Mensch ist ein Tier.

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Meine Katzen verstarben vor über einem Jahr und mich begleitet in meinem Alltag in Berlin täglich die unbestimmte Sehnsucht nach dem Zusammenleben mit den Tieren. Wenn ich dann endlich wieder bei einer Katze, einem Hund oder einem Pferd sein darf, wird es immer ganz klar, dass ein vollständiges Lebensglück ganz ohne Tiere für mich nicht möglich ist. Aber warum? Entgegen aller philosophischen Skepsis ist es die ureigene nicht-verbale Kommunikation. Ich bin ein Wort-Mensch; ich bin ein Mensch, der sogar während des Sprechens noch über jedes Wort nachdenkt (Ist es wirklich das passende? Meinte ich genau das, was ich sage? Was richte ich mit dem Satz an? Warum kann ich es nicht ungesagt machen? ...), und das ist zwar schön, aber auch anstrengend. Zusammensein mit Tieren bedeutet, Ferien vom Wort, Ferien von den verbalen sozialen Anstrengungen des Alltags zu haben, ohne dass Verstehen und Verstandenwerden fehlen würden. Und natürlich nicht nur das.

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Ruhe, Ritual, Verbundenheit, Natur, Vertrauen, Einfachheit, Kümmern, Dreck, Freude, Übermut, Unabhängigkeit, Zurückgezogenheit, Wärme, Körper, Klarheit, Dankbarkeit.

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